Am Bundesgericht in Lausanne befasste ich mich in den Jahren 2013 bis 2022 im Nebenamt mit Beschwerden von Steuerpflichtigen und Steuerbehörden gegen Entscheide der obersten kantonalen Gerichte (direkte Steuern) und des Bundesverwaltungsgerichts (Mehrwertsteuer).
In dieser Zeitspanne habe ich 70 Urteilsentwürfe verfasst und an den Urteilen mitgewirkt, die nachstehend aufgelistet sind. Zu jedem Urteil finden Sie eine Zusammenfassung und einen Link zum Urteil auf der Website des Bundesgerichts.
Die Kantonale Steuerverwaltung Thurgau rechnete einen Betrag von Fr. 189'000.-- für die «Abschreibung Nonvaleur» dem deklarierten Reingewinn jener Gesellschaft, die diesen Betrag bezahlte, als geschäftsmässig nicht begründet hinzu. Das Bundesgericht schützte die Aufrechnung (siehe Urteil 2C_385/2017 vom 7. September 2017).
Daraufhin stellte die Empfängerin der Zahlung beim Kantonalen Steueramt Zürich ein Revisionsbegehren. Die Zahlung sei bei ihr als verdeckte Kapitaleinlage zu behandeln, nachdem die Rechnung bei der Schuldnerin als Nonvaleur qualifiziert worden sei.
Im Gegensatz zu den kantonalen Instanzen bejaht das Bundesgericht zwar die Möglichkeit zur Sekundär-Berichtigung bei verbundenen Unternehmen. Im konkreten Fall ist das Gesuch indes rechtsmissbräuchlich, weil die Zahlung einzig der Gewinnverschiebung unter den Gesellschaften gedient hatte.
Ein Tanzstudio unterrichtet Pole Dance in fünf Schwierigkeits-Stufen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung besteuerte den Unterricht als (der Mehrwertsteuer unterliegende) Unterhaltungsleistung. Auf Beschwerde hin qualifizierte das Bundesverwaltungsgericht den Unterricht hingegen als (von der Mehrwertsteuer ausgenommene) Bildungsleistung.
Das Bundesgericht weist eine Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung ab. Das Bundesverwaltungsgericht hat aufgezeigt, dass - anders als beim Jasstanz oder Aerobic - das Erlernen von Fähigkeiten gegenüber der Steigerung des körperlichen oder persönlichen Wohlbefindens im Vordergrund steht (vergleichbar mit klassischen Tanzkursen). Das Tanzstudio erbringt deshalb eine steuerausgenommene Bildungsleistung.
Urteil 2C_161/2019 vom 8. Oktober 2019Eine Holdinggesellschaft mit Sitz im Kanton Basel-Landschaft veräusserte im Kanton Solothurn ein Grundstück mit einem Gewinn von Fr. 861'429.--.
Gegen die Besteuerung des Grundstückgewinns im Kanton Solothurn rügte die Gesellschaft vor Bundesgericht vergeblich eine Verletzung des interkantonalen Schlechterstellungsverbotes. Das Steuerharmonisierungsgesetz sieht ausdrücklich vor, dass Gesellschaften, die im Sitzkanton das Holdingprivileg beanspruchen, für Erträge aus schweizerischem Grundeigentum – einschliesslich der Kapitalgewinne – der ordentlichen Besteuerung unterliegen.
Eine Immobiliengesellschaft wurde für die direkte Bundessteuer 2012 von der Steuerverwaltung des Kantons Schwyz mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 5'611'900.-- veranlagt. Dabei nahm die Verwaltung im Vergleich zur Steuererklärung eine andere interkantonale Steuerausscheidung vor, was zu höheren Grundstückgewinnsteuern im Kanton Bern führte, denen die Steuerverwaltung mit einer zusätzlichen Steuerrückstellung in der Höhe von Fr. 600'000.-- Rechnung trug. Im Steuerjahr 2013 löste die Steuerverwaltung in der Veranlagung für die direkte Bundessteuer die zusätzliche Steuerrückstellung von Fr. 600'000.-- erfolgswirksam wieder auf. Sie war auf Einsprache hin betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2012 auf die andere interkantonale Steuerausscheidung zurückgekommen, womit die zusätzliche Steuerrückstellung hinfällig war.
Nachdem die kantonalen Instanzen die Auflösung der Rückstellung geschützt hatten, gelangte die Gesellschaft ans Bundesgericht, das die Beschwerde abweist. Bisherige Rückstellungen werden dem steuerbaren Gewinn zugerechnet, soweit sie nicht mehr begründet sind. Dabei gibt es kein Recht auf Beibehaltung einer Rückstellung, wenn die Steuerbehörde in den Vorjahren eine solche zu Unrecht gewährte.
Urteil vom 1. Mai 2017Die Kantonale Steuerverwaltung Schwyz erlässt gegenüber dem Liquidator eine Haftungsverfügung für die noch offenen kantonalen Steuern einer im Handelsregister bereits gelöschten Gesellschaft. Nach der kantonalen Haftungsnorm entfällt die Haftung des Liquidators bei Ende der Steuerpflicht einer juristischen Person für deren Steuern, wenn der Liquidator nachweist, alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet zu haben. Die Gesellschaft hatte ihren Sitz im Kanton Glarus und eine Liegenschaft im Kanton Schwyz. Das Verwaltungsgericht urteilte, dass der Liquidator die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz durch besondere Mitteilung, also durch eingeschriebenen Brief, über die Liquidation hätte orientieren und sie zur Anmeldung der offenen Steuern auffordern müssen. Mit der Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft beim Handelsregisteramt des Kantons Glarus und dreimaligem Schuldenruf im SHAB sei der Liquidator diesen Pflichten nicht vollständig nachgekommen.
Das Bundesgericht würdigt diese Auslegung der kantonalen Haftungsnorm als willkürfrei und weist die Beschwerde des Liquidators ab.
Eine Gesellschaft besitzt eine Beteiligung, deren Buchwert sie in den Jahren 1993 und 1995 erfolgswirksam um Fr. 20 Mio. bzw. 25 Mio. berichtigte. Die Kantonale Steuerbehörde Zug rechnet in den Jahren 2007–2009 die Wertkorrekturen wieder im Gewinn auf. Das Verwaltungsgericht hiess eine Beschwerde gut, mit der sich die Gesellschaft gegen die Aufrechnung wehrte.
Das Bundesgericht bestätigt auf Beschwerde der Eidgenössischen Steuerverwaltung hin die Aufrechnung. Die Gesellschaft begründete die damalige Wertkorrektur mit der angespannten Wirtschaftslage infolge einer schlechten Konjunkturphase, die typischerweise vorübergehender Natur ist. Damit liegt eine blosse provisorische Wertberichtigung vor, die dem steuerbaren Gewinn zugerechnet wird, soweit sie nicht mehr begründet ist. Gründe, die allenfalls ausnahmsweise eine endgültige Abschreibung rechtfertigen würden, lagen nicht vor. Die Steuerbehörde rechnete die Wertkorrektur zu Recht infolge Werterholung der Beteiligung wieder auf.
Eine Gesellschaft erwarb sämtliche Aktien an einer andern Gesellschaft, die Eigentümerin von Liegenschaften ist, in denen sie ein Wohn- und Pflegeheim führte. Das Grundbuchamt erfasste den Erwerb der Gesamtheit der Aktien als wirtschaftliche Handänderung und verfügte gegenüber der Käufergesellschaft eine Handänderungssteuer. Bis zum Erwerb der Aktien war die gekaufte Gesellschaft zwar eine Betriebsgesellschaft. Das Verwaltungsgericht stützt für die Qualifikation als Immobiliengesellschaft und damit als wirtschaftliche Handänderung, die der Handänderungssteuer unterliegt, darauf ab, dass am Tag des Erwerbs der Aktien der gesamte Geschäftsbereich «Wohn- und Pflegeheim» für Fr. 2.5 Mio. an eine weitere Gesellschaft verkauft wurde, welche den Betrieb, den Unterhalt und die Erstellung von Alters-, Wohn- und Pflegepensionen bezweckt.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Gesellschaft ab. Weil die gekaufte Gesellschaft unmittelbar nach dem Aktienerwerb in eine Immobiliengesellschaft umgewandelt wurde, durften die Vorinstanzen ohne Willkür darauf schliessen, dass die Gesellschaft lediglich an der Übernahme der Liegenschaften, nicht aber am Betrieb des Wohn- und Pflegeheims interessiert war.
Eine Immobiliengesellschaft veräusserte mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 26. November 2008 eine Liegenschaft im Kanton Aargau. Besitzesantritt und Eigentumsübertragung waren auf den 5. Januar 2009 festgelegt. Die Gesellschaft wollte den Veräusserungsgewinn im Steuerjahr 2009 versteuern, das Kantonale Steueramt Aargau erfasste ihn dagegen schon im Jahr 2008 mit der Gewinnsteuer.
Dagegen wehrte sich die Gesellschaft vergeblich vor den kantonalen Gerichten und vor dem Bundesgericht. Ein Kapitalgewinn gilt in zeitlicher Hinsicht dann als realisiert, wenn der Veräusserer die vertraglich versprochene Leistung erbracht und damit einen festen Anspruch auf die Gegenleistung des Käufers erworben hat. Bei Veräusserung von Geschäftsliegenschaften ist der rechtsgültige Abschluss des Kaufvertrages durch öffentliche Beurkundung zeitlich bestimmend, sofern die Erfüllung des Vertrags nicht unsicher erscheint. Die Gesellschaft hatte die Entrichtung des Kaufpreises per 5. Januar 2009 mit einem unbedingten Zahlungsversprechen der Credit Suisse abgesichert, womit das Risiko eines Zahlungsausfalls faktisch ausgeschlossen war.