Am Bundesgericht in Lausanne befasste ich mich in den Jahren 2013 bis 2022 im Nebenamt mit Beschwerden von Steuerpflichtigen und Steuerbehörden gegen Entscheide der obersten kantonalen Gerichte (direkte Steuern) und des Bundesverwaltungsgerichts (Mehrwertsteuer).
In dieser Zeitspanne habe ich 70 Urteilsentwürfe verfasst und an den Urteilen mitgewirkt, die nachstehend aufgelistet sind. Zu jedem Urteil finden Sie eine Zusammenfassung und einen Link zum Urteil auf der Website des Bundesgerichts.
Eine Eigentümerin verkaufte am 17. Juni 2019 ihre Liegenschaft in Graubünden, die sie am 26. November 2010 erworben hatte. Die Verkäuferin machte für die Grundstückgewinnsteuer einen Steueraufschub infolge Ersatzbeschaffung geltend, weil sie an einem anderen Ort im Jahr 2018 aus dem Nachlass ihrer Mutter ein Wohnhaus erworben hatte und dorthin umzog. Bis dahin war die Veräusserin in der früheren Familienwohnung an diesem anderen Ort gemeldet, wo sie auch ihre Steuererklärungen einreichte.
Die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden verweigerte die Ersatzbeschaffung, weil die Verkäuferin ihren Wohnsitz nicht am Ort der verkauften Liegenschaft, sondern stets am Ort der erworbenen Liegenschaft gehabt habe. Die Beschwerdeführerin brachte vor Bundesgericht zwar einige gewichtige Anhaltspunkte für einen Wohnsitz am Ort der verkauften Liegenschaft vor. Nachdem die Beschwerdeführerin die Steuererklärungen indes stets am anderen Ort eingereicht hatte, verhält sie sich widersprüchlich, wenn sie nunmehr im Rahmen der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer geltend macht, in Wahrheit in all den Jahren die ganze Zeit ihren Wohnsitz am Ort der verkauften Liegenschaft gehabt zu haben.
Eine Bündnerin ist Nutzniesserin von zwei landwirtschaftlich genutzten Parzellen in der Bauzone. Sie beantragte dafür die Besteuerung zum Ertragswert. Die kantonale Steuerverwaltung besteuerte die beiden Grundstücke zum (höheren) Verkehrswert, was vom Verwaltungsgericht bestätigt wurde.
Das Bundesgericht lässt offen, ob die Besteuerung von landwirtschaftlichen Grundstücken in der Bauzone, soweit sie nicht dem bäuerlichen Bodenrecht unterstehen, von Bundesrechts wegen zum Verkehrswert zu erfolgen hat. Selbst wenn das Bundesrecht es den Kantonen erlaube sollte, den Kreis der zum Ertragswert besteuerten Grundstücke weiter als das bäuerliche Bodenrecht zu ziehen, wäre die Bündner Verkehrswert-Regelung jedenfalls nicht willkürlich.
Eine Mutter verkaufte ihr Wohnhaus an ihre Tochter unter Einräumung eines lebenslänglichen, unentgeltlichen Wohnrechts. Der Kaufpreis von Fr. 645'000.-- wurde im Umfang von Fr. 85'400.-- mit dem Kapitalwert des Wohnrechts verrechnet. Die Kantonale Steuerverwaltung Graubünden legte der Grundstückgewinnsteuer einen Erlös von Fr. 645‘000.-- zugrunde, unter Einschluss des kapitalisierten Wohnrechts als weitere Leistung der Käuferin, was vom Verwaltungsgericht bestätigt wurde.
Wie schon im kantonalen Verfahren beantragte die Veräusserin vor Bundesgericht, für die Grundstückgewinnsteuer auf einen Erlös von Fr. 559‘000.-- für den Verkauf des mit einem Wohnrecht belasteten Wohnhauses abzustellen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, weil die Kantone gemäss Steuerharmonisierungsgesetz einen Gestaltungspielraum haben, ob sie den Barwert einer Nutzniessung oder eines Wohnrechts zu einer weiteren Leistung der Erwerberin und damit zum Bestandteil des Erlöses erklären.
Urteil 2C_719/2017 vom 26. April 2019