Inhaber

Nebenamtlicher Bundesrichter

Am Bundesgericht in Lausanne befasste ich mich in den Jahren 2013 bis 2022 im Nebenamt mit Beschwerden von Steuerpflichtigen und Steuerbehörden gegen Entscheide der obersten kantonalen Gerichte (direkte Steuern) und des Bundesverwaltungsgerichts (Mehrwertsteuer).

In dieser Zeitspanne habe ich 70 Urteilsentwürfe verfasst und an den Urteilen mitgewirkt, die nachstehend aufgelistet sind. Zu jedem Urteil finden Sie eine Zusammenfassung und einen Link zum Urteil auf der Website des Bundesgerichts.

Fehlendes schützenswertes Interesse an Höherveranlagung

Ein selbstständig Erwerbender beschwerte sich, weil das Kantonale Steueramt bei der Veranlagung der Einkommenssteuer für die Steuerjahre 2008 und 2009 handelsrechtswidrige Jahresrechnungen berücksichtigt habe. In den Jahresrechnungen seien Eigenleistungen von Fr. 547'314.25 ausgewiesen worden, während bei der Grundstückgewinnsteuer insgesamt Fr. 684'254.27 berücksichtigt worden seien.
  
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein, weil kein schutzwürdiges Interesse an der Versteuerung höherer Eigenhonorare ersichtlich ist.

Urteil 2C_1000/2021 vom 29. Dezember 2022

Haftung für Steuerforderungen bei Annahme der Erbschaft unter öffentlichem Inventar

Zwei Erben hatten eine Erbschaft unter öffentlichem Inventar angenommen, in dem auch Steuerforderungen von Fr. 174'093.90 aufgeführt waren. Dabei war bei den Steuerforderungen für das Todesjahr des Erblassers (Fr. 5'970.60 für die Kantonssteuer und Fr. 1'462.20 für die direkte Bundessteuer) „provisorisch (pro rata)“ vermerkt. Nachdem diese beiden Steuerforderungen später mit Fr. 43'369.50 bzw. Fr. 23'744.25 viel höher festgelegt wurden, wehrten sich die Erben bei der Steuerverwaltung des Kantons Wallis und dem Steuerrekursgericht vergeblich.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Erben ab. Gemäss einer Bestimmung in Steuergesetzen müssen Steuerforderungen nicht in öffentlichen Inventaren angemeldet werden. Nicht anwendbar ist daher Art. 590 ZGB, wonach die Erben nur für im öffentlichen Inventar angemeldete Forderungen haften. Die Erben können sich auch nicht auf den Vertrauensschutz (Grundsatz von Treu und Glauben) berufen. Zum einen mussten sie damit rechnen, dass die definitiven Steuerforderungen auch massiv höher ausfallen werden. Zum andern behaupten sie gar nicht, dass sie die Erbschaft ausgeschlagen hätten, wenn sie mit der hohen Nachforderung gerechnet hätten, weshalb nicht ersichtlich ist, dass sie einen Nachteil erlitten haben.

Urteil vom 4. Oktober 2017

Rückweisungsentscheid: Nicht anfechtbarer Zwischenentscheid

Die Walliser Steuerbehörde besteuerte den Gewinn aus dem Verkauf von zwei Stockwerkeigentumseinheiten als Einkommen aus gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel. Die Steuerrekurskommission schützte die steuerrechtliche Qualifikation der veräusserten Liegenschaften, wies die Sache aber an die Vorinstanz zurück, namentlich um vom Steuerpflichtigen geltend gemachte Abschreibungen auf den Geschäftsliegenschaften zu berücksichtigen.

Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde des Steuerpflichtigen nicht ein, weil der Rückweisungsentscheid der Vorinstanz weder einen Endentscheid noch einen ausnahmsweise anfechtbaren Zwischenentscheid darstellt. Eine Beschwerde beim Bundesgericht ist (noch) nicht zulässig.

Urteil vom 13. Mai 2015

Nachsteuerverfahren: Nicht deklarierte Zinsen auf ausländischen Bankkonten

Ein Ehepaar deklarierte in den Steuererklärungen 2008 bis 2010 unter «Übrige Vermögenswerte» einen Liquidationsgewinn von mehr als einer Million Euro. Später stellte sich heraus, dass der Liquidationsgewinn inzwischen als Wertschriftendepot bei einer deutschen Bank lag. Gegen die Nachsteuerverfügungen der Kantonalen Steuerverwaltung Thurgau betreffend die Erträge aus dem Depot wehrten sich die Steuerpflichtigen, weil keine neue Tatsache vorliege. Die Steuerverwaltung habe es unterlassen, den Sachverhalt bei Prüfung der Steuererklärungen 2008 bis 2010 näher abzuklären.

Das Bundesgericht verneint auf Beschwerde des Ehepaars hin ein Versäumnis der Steuerverwaltung, weil sie aufgrund der Deklaration davon ausgehen durfte, dass es sich um einen Anspruch der Steuerpflichtigen handelte, der noch nicht zur Auszahlung gelangt war und daher in den Jahren 2008 bis 2010 keine Erträge abwarf.

Urteil vom 26. März 2015

Ausstand eines Verwaltungsrichters bei Anschein der Befangenheit

Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Beschwerde eines Ehepaars gegen ihre Steuerveranlagung ab. Am Urteil wirkte ein Verwaltungsrichter mit, der mit der stellvertretenden Abteilungsleiterin der zuständigen Schwyzer Steuerbehörde verheiratet ist.

Die Steuerpflichtigen rügen vor dem Bundesgericht, dass der Verwaltungsrichter hätte in den Ausstand treten müssen. Das Bundesgericht bejaht aufgrund des engen verwandtschaftlichen Verhältnisses den Anschein der Befangenheit des Verwaltungsrichters und heisst die Beschwerde gut.

Urteil vom 13. Juni 2014

Keine Verletzung der Ausstandsregeln und anderer Verfahrensbestimmungen

Ein Ehepaar erhebt Einsprache gegen die berichtigten Veranlagungen für mehrere Steuerjahre. Die freiburgische Steuerbehörde heisst diese teilweise gut und gewährt zusätzliche Abzüge, die dem Ehepaar nicht weit genug gehen: Es reicht beim Steuergerichtshof des Kantonsgerichts Freiburg eine Beschwerde ein und beantragt eine mündliche Verhandlung. Diese wird kurzfristig auf Fronleichnam angesetzt, einem hohen kantonalen Feiertag im Kanton Solothurn, weil kein anderer Termin gefunden werden kann. Die Steuerpflichtigen verlangen erfolglos den Ausstand des Präsidenten und der Mitglieder des Steuergerichtshofes.

Das Ehepaar ficht das Urteil vergeblich – wegen Verletzung der Ausstandsregeln und anderer behaupteter Verfahrensverletzungen – beim Bundesgericht an.

Urteil vom 10. Dezember 2013