Inhaber

Nebenamtlicher Bundesrichter

Am Bundesgericht in Lausanne befasste ich mich in den Jahren 2013 bis 2022 im Nebenamt mit Beschwerden von Steuerpflichtigen und Steuerbehörden gegen Entscheide der obersten kantonalen Gerichte (direkte Steuern) und des Bundesverwaltungsgerichts (Mehrwertsteuer).

In dieser Zeitspanne habe ich 70 Urteilsentwürfe verfasst und an den Urteilen mitgewirkt, die nachstehend aufgelistet sind. Zu jedem Urteil finden Sie eine Zusammenfassung und einen Link zum Urteil auf der Website des Bundesgerichts.

Besteuerung von Put-Optionsprämien und Ausgleichszahlungen

Die Kantonale Steuerverwaltung Appenzell Ausserrhoden erfasste vier Vermögenszugänge eines Steuerpflichtigen in der Steuerperiode 2015 im Einkommen, nämlich eine erste Put-Optionsprämie von Fr. 12.5 Mio., eine Ausgleichszahlung von Fr. 642'427.--, eine Zahlung von Fr. 3.5 Mio. gemäss Schenkungsvereinbarung und eine zweite Put-Optionsprämie von Fr. 11'137'000.--. 

Auf Beschwerde hin bestätigte das Bundesgericht, dass diese vier Zahlungen an den Beschwerdeführer steuerbares Einkommen darstellen. Die Put-Optionsprämien bewirkten keine steuerneutrale Umschichtung oder einen steuerfreien Kapitalgewinn. Mit den Zahlungen wurde der Beschwerdeführer vielmehr dafür entschädigt, dass er die Aktien bis zum Ende der Veräusserungssperrfrist nicht verkaufen konnte. Mit der Ausgleichszahlung erhielt der Beschwerdeführer eine Beteiligung am Gewinn und die «Schenkung» entpuppt sich als Ausgleichszahlung des Gründungsaktionärs für dessen vorzeitiges Ausscheiden. 

Urteil 2C_154/2021 vom 6. Juli 2022

Ermessensveranlagung: Bankauszahlungen als Einkommen, Wertschriftenvermögen

Ein Steuerpflichtiger deklarierte in seiner Steuererklärung zwei Forderungen gegenüber einer Gesellschaft mit Sitz auf den britischen Jungferninseln im Nominalbetrag von Fr. 7'058'256.-- und Fr. 9'131'586.-- lediglich pro memoria mit einem Steuerwert von Fr. 0.--, weil er sie nicht mehr als werthaltig erachtete. Später reichte er dem Kantonalen Steueramt Zürich einen Banküberweisungsbeleg für Auszahlungen von insgesamt Fr. 94'000.-- ein. Er machte geltend, dass es sich dabei um eine steuerfreie Rückzahlung eines Darlehens handle, womit er seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Das Kantonale Steueramt Zürich folgte dieser Deklarationsweise nicht, weil die unzulängliche Mitwirkung des Steuerpflichtigen eine zuverlässige Bewertung der beiden Forderungen verunmögliche. Das Verwaltungsgericht schätzte das Wertschriftenvermögen auf Fr. 6 Mio. und besteuerte die Auszahlungen von Fr. 94'000.-- als steuerbares Einkommen.

Das Bundesgericht weist eine Beschwerde ab. Es ist widersprüchlich, wenn der Beschwerdeführer einerseits geltend macht, dass es sich bei der Auszahlung von Fr. 94'000.-- um eine Teil-Rückzahlung des Guthabens gegenüber der Gesellschaft handle, und er andererseits behauptet, die Forderungen gegenüber der Gesellschaft seien nicht mehr werthaltig. Den Nachweis, dass es sich bei der Auszahlung von Fr. 94'000.-- um eine steuerfreie Rückzahlung von Guthaben handelte, hat der Steuerpflichtige nie hinreichend angetreten. Auch die vom Verwaltungsgericht getroffene Schätzung des Guthaben- und Wertschriftenvermögens mit Fr. 6 Mio. ist unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden.

Urteil vom 3. Mai 2017

Nicht verbuchte angefangene Arbeiten als geldwerte Leistung an Hauptaktionär

Eine Bauunternehmung leistete in einem Jahr 1'574,5 Stunden eigene Arbeiten. Diese bewertete die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz mit einem Ansatz von Fr. 60.-- (total Fr. 94'470.--) und rechnete sie zusammen mit als Aufwand verbuchten Fremdarbeiten (Fr. 169'855.--) als angefangene Arbeiten im Gewinn der Gesellschaft auf, ebenso im Einkommen des Mehrheitsaktionärs als von der Gesellschaft empfangene geldwerte Leistung im Betrag von Fr. 264'325.--, was das Verwaltungsgericht bestätigte.

Vergeblich machen die Beschwerdeführer vor dem Bundesgericht geltend, die Bauunternehmung habe nie Leistungen an den Mehrheitsaktionär ohne Gegenleistungen erbringen wollen. Für eine geldwerte Leistung genügt bereits, dass der Verzicht der Gesellschaft auf eine angemessene Gegenleistung für den Mehrheitsaktionär als handelndes Organ der Bauunternehmung  erkennbar war. Gerade das war unter den gegebenen Umständen der Fall: Wenn die Kosten aus dem angefangenen Bauprojekt in der Jahresrechnung als Aufwand verbucht wurden, so ist dies als Indiz zu werten, dass die Gesellschaft damit kundtat, die Kosten übernehmen und somit zugunsten des Aktionärs tragen zu wollen. Die Absicht der Gesellschaft, den Beschwerdeführern die eigenen Arbeiten zu verrechnen, hat die Vorinstanz zu Recht verneint.

Urteil vom 3. Mai 2016

Verdeckte Gewinnausschüttung: Teilbesteuerung

Die Steuerverwaltung des Kantons Schaffhausen rechnete im Einkommen eines Ehepaares einen Betrag von Fr. 72'579.-- als verdeckte Gewinnausschüttung aus der von ihnen beherrschten Gesellschaft auf. Dieselbe Aufrechnung war zuvor auch bei der Gesellschaft vorgenommen worden. Hinsichtlich der kantonalen Steuern verweigerten die Kantonale Steuerverwaltung und anschliessend das Obergericht die Teilbesteuerung, weil das kantonale Gesetz eine solche nur für offene Gewinnausschüttungen vorsieht. 

Das Bundesgericht heisst eine Beschwerde des Ehepaars gut. Das Steuerharmonisierungsgesetz des Bundes verlangt zwingend, dass sämtliche Beteiligungserträge aus Privatvermögen im gleichen Ausmass für eine allfällige Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung qualifizieren.

Urteil vom 6. November 2015

Verdeckte Gewinnausschüttung: Realisationszeitpunkt

Eine Aktiengesellschaft verbuchte im Jahr 2006 eine Rechnung über Fr. 553'579.--, die sie am 11. August 2008 bezahlte. Das Kantonale Steueramt Solothurn besteuert den Betrag beim Alleinaktionär im Steuerjahr 2006 als verdeckte Gewinnausschüttung (geldwerter Vorteil). Die Steuerpflichtigen wehren sich nicht gegen diese Qualifikation, machen aber geltend, dass der geldwerte Vorteil erst im Jahr 2008 realisiert worden sei.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, weil der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Verbuchung eine Forderung gegen die Aktiengesellschaft erwarb und damit den geldwerten Vorteil erzielte. Auf den späteren Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung des Anspruchs kommt es nicht an.

Urteil vom 10. September 2015