Inhaber

Nebenamtlicher Bundesrichter

Am Bundesgericht in Lausanne befasste ich mich in den Jahren 2013 bis 2022 im Nebenamt mit Beschwerden von Steuerpflichtigen und Steuerbehörden gegen Entscheide der obersten kantonalen Gerichte (direkte Steuern) und des Bundesverwaltungsgerichts (Mehrwertsteuer).

In dieser Zeitspanne habe ich 70 Urteilsentwürfe verfasst und an den Urteilen mitgewirkt, die nachstehend aufgelistet sind. Zu jedem Urteil finden Sie eine Zusammenfassung und einen Link zum Urteil auf der Website des Bundesgerichts.

Pferdebetrieb als Liebhaberei

Ein Einzelunternehmer nimmt als Geschäftstätigkeit Plattenarbeiten vor und führt einen Pferdebetrieb. Das Kantonale Steueramt Solothurn qualifizierte die seit vielen Jahren defizitäre Sparte «eigene Pferde» des Pferdebetriebes als Liebhaberei und liess den ermittelten Verlust von Fr. 66'557.-- nicht zum Abzug zu, was das Steuergericht Solothurn bestätigte.

Vor Bundesgericht macht der Beschwerdeführer erfolglos geltend, dass es sich um einen Verlust aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit handelt. Der Beschwerdeführer besass elf Pferde und zwei Fohlen. Die im Steuerjahr 2014 erzielten Umsätze aus Reitstunden von Fr. 11'722.-- stehen aus betriebswirtschaftlicher Sicht dazu in keinem Verhältnis. Die inzwischen eingestellten Zuchtbemühungen verstärken das Gesamtbild eines blossen Hobbys ohne unternehmerische Perspektive.

Urteil 2C_679/2020 vom 19. November 2021

Besteuerung der Liegenschaftenerträge bei Holdingprivileg

Eine Holdinggesellschaft mit Sitz im Kanton Basel-Landschaft veräusserte im Kanton Solothurn ein Grundstück mit einem Gewinn von Fr. 861'429.--. 

Gegen die Besteuerung des Grundstückgewinns im Kanton Solothurn rügte die Gesellschaft vor Bundesgericht vergeblich eine Verletzung des interkantonalen Schlechterstellungsverbotes. Das Steuerharmonisierungsgesetz sieht ausdrücklich vor, dass Gesellschaften, die im Sitzkanton das Holdingprivileg beanspruchen, für Erträge aus schweizerischem Grundeigentum – einschliesslich der Kapitalgewinne – der ordentlichen Besteuerung unterliegen.

Urteil vom 19. März 2019

Abgangsentschädigung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach Aktienverkauf

Fünf Aktionäre verkauften ihren Anteil von 81 % an einer Aktiengesellschaft für Fr. 28'630'000.-- an eine ausländische Gesellschaft, die damit zur Alleinaktionärin wurde. Dabei wurde die Zahlung von Fr. 3'102'750.-- an die fünf Verkäufer vereinbart, wenn diese weiterhin bei der Aktiengesellschaft tätig sein werden. Sollte das Arbeitsverhältnis mit einem der Veräusserer infolge Arbeitsunfähigkeit oder aufgrund gegenseitiger Vereinbarung aufgelöst werden, sah der Kaufvertrag eine sofortige anteilsmässige Auszahlung an den entsprechenden Veräusserer vor. Als das Arbeitsverhältnis mit einem der Aktionäre aufgelöst wurde, kam es zur Auszahlung seines Anteils von Fr. 854'003.--, der in der Folge von der Veranlagungsbehörde des Kantons Solothurn besteuert wurde.

Vor Bundesgericht machte der Steuerpflichtige vergeblich geltend, dass es sich um einen steuerfreien Kapitalgewinn handle. Als mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in engem wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Leistung ist auch die Abgangsentschädigung als steuerbare Einkunft zu qualifizieren.

Urteil vom 12. November 2018

Privilegierte Besteuerung bei Geschäftsaufgabe infolge Invalidität

Ein Hausarzt erlitt im 2004 einen Hirnschlag, worauf er infolge Erwerbsunfähigkeit von 80% eine IV-Rente erhielt. Im 2012 gab er seine selbstständige Erwerbstätigkeit endgültig auf. Seither ist er 100% erwerbsunfähig. Für den Liquidationserlös von Fr. 310'788.-- machte er die gesetzlich vorgesehene privilegierte Besteuerung bei Geschäftsaufgabe infolge Invalidität geltend. Das Kantonale Steueramt Solothurn besteuerte den Liquidationserlös jedoch zum ordentlichen Steuersatz, weil es beim Hausarzt an einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Eintritt der Invalidität (im 2004) und endgültiger Geschäftsaufgabe (im 2012) fehle. Das Steuergericht wies eine Beschwerde des Hausarztes ab.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Hausarztes gut. Die gesetzliche Regelung verlangt keinen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Eintritt der Invalidität und Geschäftsaufgabe. Es genügt ein Kausalzusammenhang im Sinne der Rechtsprechung zum Haftpflichtrecht. Diesbezüglich war unbestritten, dass der Hirnschlag die Ursache war, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geeignet war, die Erwerbsunfähigkeit infolge Invalidität herbeizuführen.

Urteil vom 5. Oktober 2017

Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel bei Begründung von Stockwerkeigentum

Ein Steuerpflichtiger kaufte im Jahr 2011 mit einem Partner im Rahmen einer einfachen Gesellschaft eine Liegenschaft mit mehreren vermieteten Wohnungen zum Preis von Fr. 1'700'000.--. Zusätzlich zum Hypothekarkredit über Fr. 1'360'000.-- gewährte ihnen der Verkäufer ein Darlehen von Fr. 300'000.--. Weniger als zwei Jahre später wird die Liegenschaft in eine Aktiengesellschaft eingebracht und renoviert sowie Stockwerkeigentum begründet, um einen Teil der Wohnungen an Dritte zu verkaufen. Anstelle des in der Steuererklärung 2011 geltend gemachten Pauschalabzuges, der nur für Privatliegenschaften vorgesehen ist, lässt das Steueramt des Kantons Solothurn lediglich die effektiven Unterhaltskosten zum Abzug zu, weil ein gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel und somit eine Geschäftsliegenschaft vorliege.

Das Bundesgericht weist eine Beschwerde ab. Die objektiven Umstände, wie die kurze Haltedauer und die ausserordentlich hohe Fremdfinanzierung, zeichnen das Gesamtbild einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit.

Urteil vom 10. September 2015

Verdeckte Gewinnausschüttung: Realisationszeitpunkt

Eine Aktiengesellschaft verbuchte im Jahr 2006 eine Rechnung über Fr. 553'579.--, die sie am 11. August 2008 bezahlte. Das Kantonale Steueramt Solothurn besteuert den Betrag beim Alleinaktionär im Steuerjahr 2006 als verdeckte Gewinnausschüttung (geldwerter Vorteil). Die Steuerpflichtigen wehren sich nicht gegen diese Qualifikation, machen aber geltend, dass der geldwerte Vorteil erst im Jahr 2008 realisiert worden sei.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, weil der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Verbuchung eine Forderung gegen die Aktiengesellschaft erwarb und damit den geldwerten Vorteil erzielte. Auf den späteren Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung des Anspruchs kommt es nicht an.

Urteil vom 10. September 2015

Landerwerbszinsen und Baukreditzinsen als steuerlich nicht abziehbare Anlagekosten

Ein Ehepaar erwarb ein an sein Eigenheim angrenzendes Baulandgrundstück. Die Schuldzinsen der dafür aufgenommenen Hypotheken zog es in der Steuererklärung ab. Das Kantonale Steueramt Solothurn verweigert den Schuldzinsenabzug: Es handle sich um einen gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel, die Zinsen könnten deshalb erst bei einem späteren Verkauf der Geschäftsliegenschaft zum Abzug gebracht werden. Die Steuerpflichtigen gelangen an das kantonale Steuergericht, welches die Schuldzinsen als abzugsfähig qualifizierte, weil es sich beim Baulandgrundstück um Privatvermögen handle.

Die Steuerbehörde reichte daraufhin Beschwerde beim Bundesgericht ein, das festhält, dass Land(erwerbs)kreditzinsen gleich wie Baukreditzinsen steuerlich nicht abziehbar sind, unabhängig davon, ob sich ein Grundstück im Geschäfts- oder Privatvermögen befindet. Die Kosten können als Anlagekosten bei einer späteren Veräusserung in Abzug gebracht werden.

Urteil vom 21. Mai 2014