Inhaber

Nebenamtlicher Bundesrichter

Am Bundesgericht in Lausanne befasste ich mich in den Jahren 2013 bis 2022 im Nebenamt mit Beschwerden von Steuerpflichtigen und Steuerbehörden gegen Entscheide der obersten kantonalen Gerichte (direkte Steuern) und des Bundesverwaltungsgerichts (Mehrwertsteuer).

In dieser Zeitspanne habe ich 70 Urteilsentwürfe verfasst und an den Urteilen mitgewirkt, die nachstehend aufgelistet sind. Zu jedem Urteil finden Sie eine Zusammenfassung und einen Link zum Urteil auf der Website des Bundesgerichts.

Sanierungskosten als Liegenschaftenunterhaltskosten

Ein Ehepaar sanierte sein Eigenheim für ein pauschales Entgelt von Fr. 930'000.--. Die Steuerverwaltung des Kantons Bern liess davon im Jahr 2004 Fr. 372'389.-- und im Jahr 2005 Fr. 72'646.-- als Unterhaltskosten zum Abzug zu. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde der Eheleute ab: Zwar hätten die Kosten an sich erst im Jahr 2005 abgezogen werden können, aber die Eheleute würden mit der Lösung der Steuerverwaltung gesamthaft über beide Jahre sogar weniger Steuern bezahlen.

Vor Bundesgericht machen die Eheleute vergeblich einen höheren Abzug für Unterhaltskosten geltend. Die bereits im 2004 akzeptierten Unterhaltskosten können im 2005 nicht nochmals abgezogen werden, auch wenn sie eigentlich dem Steuerjahr 2005 zuzuordnen sind. Weil im Jahr 2004 ein Minuseinkommen von Fr. 1'203.-- (direkte Bundessteuer) bzw. von Fr. 22'255.-- (Staats- und Gemeindesteuern) resultierte, sind im entsprechenden Umfang die Liegenschaftenkosten aber noch nicht berücksichtigt worden. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde daher in diesem Umfang teilweise gut.

Urteil vom 11. Juli 2017

Kein Privatanteil für Übernachtung im Behandlungszimmer einer Physiotherapiepraxis

Eine selbstständige Physiotherapeutin übernachtet 2 bis 3 Mal pro Woche nach langen Arbeitsabenden in ihrer Praxis in einem Behandlungszimmer. Dafür kürzt sie in ihrer Buchhaltung die Mietkosten um einen Privatanteil von Fr. 1800.--. Das Kantonale Steueramt Aargau erhöht ihn auf Fr. 3600.--. Vor den kantonalen Gerichten beantragt die Physiotherapeutin erfolglos, neu ganz auf einen Privatanteil zu verzichten.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Der Raum, in dem jeweils ein Klappbett aufgestellt wird, dient tagsüber für Behandlungen. Er ist also nicht zusätzlich für den Privatgebrauch angemietet, sondern vollumfänglich für den Betrieb der Praxis nötig. Ausserdem entsteht der Beschwerdeführerin kein privater finanzieller Nutzen, da die Kosten für ihre Privatwohnung auch bei Übernachtung in den Geschäftsräumen anfallen. Es ist also kein Privatabzug bei den Kosten für die Praxis erforderlich. Allerdings kann der in der Buchhaltung vorgenommene Abzug von Fr. 1800.-- nicht rückgängig gemacht werden: Wurde die Steuererklärung einmal eingereicht, ist eine Korrektur der Bilanz nur noch bei handelsrechtswidrigen Ansätzen möglich.

Urteil vom 30. Juli 2015

Forderungserlass für Grundverbilligungsvorschüsse; Besteuerung im Belegenheitskanton

Ein in Appenzell Ausserrhoden Wohnhafter erwarb in St. Gallen eine Liegenschaft mit Mietwohnungen, wofür ihm von der Eidgenossenschaft Grundverbilligungsvorschüsse gewährt wurden. 25 Jahre später verzichtet die Eidgenossenschaft auf die noch nicht zurückbezahlten Darlehensschulden und die aufgelaufenen Schuldzinsen in einem Betrag von über Fr. 1 Mio. Die Kantonale Steuerverwaltung Appenzell Ausserrhoden stuft den Erlass des Darlehens und der Schuldzinsen als steuerbares Einkommen ein.

Das Bundesgericht bestätigt, dass der Erlass einen Reinvermögenszugang bildet und somit als Einkommen zu besteuern ist, und weist die Beschwerde insoweit ab. Weil es sich um Einkommen im Zusammenhang mit unbeweglichem Vermögen handelt und die Besteuerungskompetenz deshalb nicht im Kanton Appenzell Ausserrhoden (Wohnort), sondern St. Gallen (Lageort des Grundstücks) liegt, heisst es die Beschwerde hinsichtlich der kantonalen Steuern gut.

Urteil vom 19. Juni 2014